Der Stellenwert von VR-Projekten in der Medienbranche

Im Interview mit Benedikt Frank spricht Philipp Schall, Produzent von „Blautopf VR“, über den Stellenwert und die Finanzierung von VR-Projekten in der Medienbranche.

TELLUX next hat Blautopf VR für den SWR produziert. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Philipp Schall: Das grobe Thema „Faszination Höhlenwelt“ stand schon lange. Interessant war, dass die gesamte Höhlenforscherszene von Südwestdeutschland über Bayern bis Österreich wohl von Schwaben dominiert ist. Die VR-Abteilung des SWR geht offen auf Vorstellungen von Produzenten zu. Als Koproduzent hat er uns von Anfang an unterstützt.

Wie sind die Reaktionen bei einem öffentlich-rechtlichen Sender, wenn man dort ein VR-Projekt vorstellt? Schließlich gehört das nicht unbedingt zum Kerngeschäft.

Schall: Prinzipiell besteht in den Fachredaktionen und übergreifenden Schnittstellen stets Interesse. Die Sender müssen ihren Auftrag natürlich erfüllen, sie müssen ihn aber auch überdenken und immer wieder neu auslegen.
Wir haben die Finanzierung und Ausführung trotzdem noch sehr rundfunkmäßig gedacht. Neben dem eigentlichen VR-Produkt haben wir die Inhalte als Web Scroller mit Videoinhalten aufbereitet, um ein möglichst breites Publikum auch ohne VR zu erreichen.

Sitzt man zwischen den Stühlen, wenn man ein VR-Format produziert, das kein klassischer Film mehr ist, aber auch kein Game?

Schall: Beim SWR hatten alle schon mal eine VR-Brille auf, deswegen war ich ganz froh, nicht lange die Grundlagen erklären zu müssen. Unser Projekt ist trotzdem technisch neu, weil es nicht auf Computeranimation, sondern auf Fotogrammetrie basiert.
Durch die Interaktivität ist Blautopf VR zudem viel näher am Game als am 360-Grad-Film.

Wie funktioniert der Vertrieb von VR?

Schall: Im Fall von Blautopf VR wird das Projekt im deutschsprachigen Raum über den SWR verbreitet. Wir sind auf der Suche nach einem internationalen Publisher. Außerdem würden wir die Anwendung gerne im Museum von Blaubeuren ausstellen, dem Ort über dem Blautopf. Da stehen wir allerdings vor der Schwierigkeit, überhaupt eine Grundlage zu schaffen. Dazu gehört zum einen das technische Equipment, zum anderen jemand, der die Brillen reinigt und die Museumsbesucher einweist.

Wie groß ist der Förderungsanteil an eurer Produktion?

Schall: Wir haben die Slate-Förderung des FilmFernsehFonds Bayern genutzt, die es in dieser Form nicht mehr gibt. Damit konnten wir die Herstellung verschiedener Prototypen finanzieren. Die Option 360-Grad-Video ließ sich so zum Beispiel wegen der langen Zustiegszeiten und der schlechten Beleuchtungssituation schnell ausschließen. Das hat uns auf die Fotogrammetrie gebracht.
Weil wir uns bei der eigentlichen Produktion in einer ganz anderen Budgetdimension bewegen, war der Förderanteil des FFF an der Gesamtproduktion mit 50.000 Euro relativ klein. Die Unterstützung der Vorproduktion ist aber genauso wichtig wie die anderen Finanzierungsbestandteile, denn die Prototypisierung hat das Projekt überhaupt erst ermöglicht. Wenn man vom linearen Filmemachen kommend ins Immersive und Interaktive geht, muss man vieles vorher überprüfen und neu lernen.

Welche Unterstützung brauchen VR-Macher?

Schall: Um VR so umzusetzen, dass sie den europäischen Standards entspricht, wäre es gut, wenn die Förderung mehr Budget ermöglichen würde.
Wichtig um Produkte vorzustellen sind auch Foren und Business-Markets.
Besonders wertvoll sind Formate, bei denen man nicht nur Leute trifft, die ohnehin schon tief im VR-Geschäft stecken.
Für Menschen aus der TV-Branche oder aus der Kunst und Kultur kann so die Hürde sinken, sich mit VR Inhalten auseinanderzusetzen.

Das Interview wurde ursprünglich auf 
XPLR-Media.com veröffentlicht.

„BLAUTOPF VR“ ist eine TELLUX next / SWR / kohelet 3 / IT MEDIA – Koproduktion in Zusammenarbeit mit Pixelcloud, Höhlenverein Blaubeuren e.V., DELTA Soundworks, NauHau Immersion Labs sowie realities.io, gefördert durch MFG Filmförderung Baden-Württemberg und FilmFernsehFonds Bayern